Universität Stuttgart Sprachenzentrum
Abteilung Deutsch als Fremdsprache
VERSTEHEN UND VERARBEITEN EINES HÖRTEXTES
Jugendliche suchen nach Werten und Orientierung
1 Die Jugendlichen von heute sind ebenso wie früher ihre Eltern
2 und Großeltern auf der Suche nach Werten und Orientierung.
3 Diese Suche ist wichtig für die Jugendlichen, denn sie müssen
4 ihren Platz in unserer Gesellschaft und Sinn in
5 ihrem Leben finden. Im Vergleich zu früher ist es aber für
6 junge Menschen heute viel schwieriger, ihren eigenen Weg
7 zu finden. Denn die Welt hat sich verändert. So sind die
8 Jugendlichen mit einer anderen Lebenssituation und mit
9 anderen Problemen konfrontiert als die Generationen vor ihnen.
10 Früher verlief ein Lebensweg relativ geradlinig. D.h. nach
11 dem Schulabschluß begann man eine Ausbildung oder ein
12 Studium und nahm dann eine Arbeit auf. Meistens blieb man
13 das ganze Arbeitsleben in einem Beruf und oft auch bei demselben
14 Arbeitgeber. Man war finanziell abgesichert und gründete
15 normalerweise eine Familie. Nach dem Abschluß des Berufslebens
16 erwartete man meistens eine gesicherte Rente. Je höher die
17 Qualifikation war, desto sicherer war die Aussicht auf eine Arbeit.
18 Die Arbeit wurde entsprechend gut bezahlt und war mit
19 hohem gesellschaftlichem Ansehen verbunden. Früher war also ein
20 Lebensweg relativ klar und vorhersehbar. Werte und
21 Orientierung waren vorgegeben und die Zukunftsperspektiven
22 normalerweise positiv.
23 Seit einigen Jahren dagegen zeichnet sich eine neue Tendenz
24 ab: Traditionelle Lebensentwürfe werden brüchig, d.h. der
25 Lebensweg verläuft nur noch selten geradlinig. Die Gründe
26 dafür liegen in den veränderten Bedingungen, unter denen die
27 Jugend heutzutage aufwächst. Zu diesen Bedingungen gehören:
28 Leistungsdenken, Konsum und der Einfluß der Massenmedien.
29 Eine Vielzahl von Trends und Lebensphilosophien existieren
30 nebeneinander. Besonders die Werbung vermittelt diese
31 Trends. Sie sagt, wie man zu sein hat, um dazuzugehören.
32 Bestimmte Markenartikel suggerieren, daß nur mit diesem
33 Produkt bestimmte Dinge im Leben erreichbar sind. Wer
34 sich diese Markenartikel finanziell nicht leisten kann, muß
35 befürchten, ein Außenseiter zu werden. Auch Computerspiele,
36 Fernsehen und Filme bieten Wertvorstellungen und
37 Orientierung, die von den Jugendlichen oft nicht reflektiert
38 werden. Die dort dargestellte Gewalt wird häufig verharmlost.
39 Meist gelangen die Helden nur durch Brutalität zum Ziel.
40 Es besteht die Gefahr, daß Jugendliche diese Botschaft in
41 ihr Wertesystem aufnehmen und daß sie dann entsprechend
42 handeln. Filme und Fernsehen werden oft dafür verantwortlich
43 gemacht, daß die Gewalt bei Jugendlichen zunimmt, und
44 die Medien berichten negativ über die Jugend von heute.
45 Es wird der Eindruck erweckt, daß die Mehrheit der
46 Jugendlichen gefährlich und gewaltbereit ist. Aber
47 alle bisher durchgeführten Untersuchungen zu diesem
48 Thema zeigen, daß die Gewalttaten von Jugendlichen
49 nicht zunehmen. Wenn allerdings Gewalt ausgeübt wird,
50 dann wird sie brutaler.
51 Ein weiteres Untersuchungsergebnis ist, daß der Konsum
52 von legalen und illegalen Drogen wie z.B. Alkohol,
53 Zigaretten und Ecstasy bei Jugendlichen steigt. Die
54 Wissenschaftler nennen mehrere Ursachen für diesen
55 Anstieg. Zum einen wird unsere Gesellschaft immer
56 komplexer, der Leistungsdruck steigt und Ängste
57 nehmen zu. Zum anderen führt die mangelnde
58 Kommunikation zur Vereinsamung. Es fehlt vielen
59 Jugendlichen an Perspektiven für die Zukunft.
60 Jugendarbeitslosigkeit und fehlende Ausbildungsplätze
61 werden von der Mehrheit der Jugendlichen als
62 besonders schwere Belastung empfunden. Um der
63 Jugend eine Orientierungshilfe zu geben, müssen
64 die Erwachsenen sich ihrer Verantwortung bewußt
65 sein. Sie müssen die Jugendlichen ernst nehmen und
66 sich mit ihnen auseinandersetzen. Statt für schwierige
67 Jugendliche die Einweisung in Heime zu fordern, müssen
68 die Erwachsenen gemeinsam mit den Jugendlichen nach
69 Perspektiven suchen. Denn die Jugend von heute ist unsere Zukunft.
W O R T A N G A B E N
-s Ansehen wenn jemand eine hohe Meinung von einer Person hat, dann genießt diese Person ein hohes Ansehen
-r Trend (engl.) eine Entwicklungstendenz über einen bestimmten Zeitraum
suggerieren jemanden so geschickt beeinflussen, daß er einen bestimmten Wunsch, eine bestimmte Meinung bekommt
-s Ecstasy leistungssteigernde Partydroge
Einweisung in Heime hier: Jugendliche, die Probleme haben, werden in eine öffentliche Einrichtung gebracht. Dort müssen sie eine bestimmte Zeit bleiben.
A U F G A B E N
Bitte schreiben Sie in ganzen Sätzen. Zeit: 60 Minuten.
(1) Worin liegen die Unterschiede in den Lebensentwürfen bzw. Zukunftsperspektiven von Jugendlichen heute und in früheren Zeiten? Fassen Sie die Informationen des Textes zusammen. (8)
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(2) Was sind die Bedingungen, unter denen die Jugend heutzutage aufwächst? (5)
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(3) Auf welche Weise werden heutzutage Wertvorstellungen und Orientierung von Jugendlichen geprägt? (5)
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(4) Geben Sie die Untersuchungsergebnisse im Hinblick auf Gewalttaten von Jugendlichen wieder. (3)
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(5) Notieren Sie mindestens drei der im Hörtext genannten Ursachen für den zunehmenden Drogenkonsum bei Jugendlichen. (Stichworte genügen!) (3)
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(6) Mit welchen Hauptproblemen sehen sich die meisten Jugendlichen in der heutigen Gesellschaft konfrontiert? (3)
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(7) Wie sollten die Erwachsenen die Jugendlichen bei der Suche nach Werten und Orientierung unterstützen? (3)
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VORGABENORIENTIERTE TEXTPRODUKTION Zeit: 40 Minuten
Hauptprobleme von Jugendlichen in Westdeutschland und Ostdeutschland
Problem Westdeutschland Ostdeutschland Differenz
zu wenig Lehrstellen 23,8 % 41,4 % 17,6 %
zu wenig Freizeit- gelegenheiten 13,0 % 30,2 % 17,2 %
Gewalt/Banden/ Kriminalität 17,8 % 27,2 % 9,4 %
Geldprobleme 17,2 % 25,4 % 8,2 %
Zukunftsangst/ Perspektivlosigkeit 19,3 % 27,2 % 7,9 %
generelle Unzufriedenheit/ Lustlosigkeit 8,2 % 13,3 % 5,1 %
(1997)
Aufgaben (1) a) Arbeiten Sie die in der Tabelle dargestellten Hauptunterschiede heraus.
b) Welche Gründe gibt es, Ihrer Meinung nach, für diese Unterschiede?
(2) Was sind, Ihrer Meinung nach, die Hauptprobleme von jungen Menschen in Ihrem Heimatland?Worin sehen Sie die Ursachen für diese Probleme?
Bitte beachten Sie, daß Ihr Text eine Länge von ca. 150-200 Wörtern haben muß.
VERSTEHEN UND BEARBEITEN EINES LESETEXTES
Unser Immunsystem
1 Im Herbst steigt die Erkältungsgefahr durch den oftmals
2 schnellen Temperaturwechsel. Die kalte und nasse Jahreszeit
3 bedeutet daher Schwerarbeit für unser Immunsystem, dessen
4 Aufgabe es ist, unseren Körper gesund zu erhalten. Das
5 Immunsystem verfügt über zwei Abwehrsysteme, die über
6 Haut, Lunge, Magen oder Darm in den Körper eindringende
7 Fremdkörper - sogenannte Antigene oder Erreger - erkennnen und
8 möglichst schnell vernichten.
9 Das angeborene Immunsystem richtet sich nicht gegen
10 spezielle Antigene, sondern ganz allgemein gegen alles, was
11 körperfremd ist.Spezielle Freßzellen und Killerzellen zirkulieren
12 im Blutkreislauf und vernichten alle Erreger, die nicht in den
13 Körper gehören. Die Killerzellen beginnen ihre Arbeit, wenn es
14 sich bei den Fremdkörpern um Viren oder besonders gefährliche
15 Bakterien handelt.
16 Das erlernte Immunsystem verfügt dagegen über besondere
17 Zellen, die gegen Millionen verschiedener Antigene in einer
18 jeweils hochspezifischen Art reagieren. Es gibt zwei Arten
19 dieser Abwehrzellen, die jeweils unterschiedlich beim Kampf
20 gegen Fremdkörper vorgehen und außerdem auch auf
21 unterschiedliche Antigene programmiert sind.
22 Die erste Art sind die sogenannten T-Lymphozyten. Sie werden
23 im Knochenmark gebildet und in der Thymusdrüse auf ihre
24 Aufgaben vorbereitet. Die Thymusdrüse wird folglich als
25 Schule der T-Lymphozyten bezeichnet. "Ungelernte" T-
26 Lymphozyten wandern nach ihrer Entstehung im Knochenmark
27 sofort in die Thymusdrüse. Dort "lernen" sie zwischen fremden
28 und eigenen Zellen zu unterscheiden. So ist garantiert, daß sie
29 nur Antigene, aber nicht das körpereigene Gewebe angreifen. T-
30 Lymphozyten entfalten in unmittelbarem Kontakt ihre Wirkung.
31 Neben den T-Lymphozyten existieren als zweite Art die B-
32 Lymphozyten, deren Aufgabe die Produktion von Antikörpern
33 ist. Sie sind Elemente des Immunsystems mit "Fernwirkung",
34 d.h. sie treten nicht in unmittelbaren Kontakt mit den Erregern.
35 Sobald ein Antigen erkannt ist, wird der B-Lymphozyt dazu
36 veranlaßt, sich zu vermehren. Es werden nun große Mengen von
37 Antikörpern produziert und direkt ans Blut abgegeben. Der
38 Kampf gegen die Erreger beginnt.
39 Ein bedeutender Vorteil der erlernten Abwehr gegenüber der
40 angeborenen Abwehr ist, daß ein Teil der T- und B-
41 Lymphozyten nach erfolgreicher Bekämpfung der Erreger zu
42 Gedächtniszellen ausgebildet wird; d.h. sie speichern die
43 Struktur des Antigens wie in einer Datenbank. Außerdem
44 besitzen sie eine wesentlich längere Lebensdauer als andere
45 Immunzellen. Weil ein Teil der T- und B-Lymphozyten über ein
46 Gedächtnis verfügt, erkennen sie bei einem erneuten Kontakt
47 mit dem gleichen Erreger diesen wieder. Deshalb sind sie in der
48 Lage, ihn schneller zu bekämpfen. So kommt es oft erst gar
49 nicht zu einer Erkrankung. Diesen Effekt macht sich die
50 Medizin bei Schutzimpfungen, z.B. gegen Typhus oder
51 Hepatitis, zunutze. Dadurch daß den Patienten inaktive Erreger
52 gespritzt werden, wird das Immunsystem dazu veranlaßt,
53 entsprechende Antikörper zu bilden. Das ist auch ein Grund,
54 warum wir viele Kinderkrankheiten nur einmal bekommen.
55 Dieser Schutzmechanismus funktioniert aber bei einigen
56 Krankheiten, wie z.B. Erkältungen, nicht so perfekt. Das liegt
57 daran, daß sich die Erreger ständig verändern und die
58 Gedächtniszellen sich nicht so schnell auf die Veränderungen
59 einstellen können. Daher ist es notwendig, daß wir unserer
60 körpereigenen Abwehr dabei helfen, den Organismus zu
61 unterstützen. Nur so sind wir in der Herbstzeit gut gegen die
62 Erkältungsgefahr geschützt.
WORTANGABEN
-e Killerzelle (Z.11 ) eine besondere Art von Zelle, die Antigene vernichtet
-s Knochenmark (Z.23) eine weiche Substanz, die im Innern mancher Knochen ist
-r Typhus (Z.50) gefährliche Infektionskrankheit
-e Hepatitis (Z.51) Leberentzündung
Immunzellen werden im Knochenmark (1) gebildet, wandern in die hinter dem Brustbein liegende Thymusdrüse (2) und reagieren im Gewebe (3, 4, 5) mit Antigenen.
A U F G A B E N
Bitte formulieren Sie selbständig und formulieren Sie in ganzen Sätzen. Zeit: 60 Minuten.
(1) Der Text hat sechs Abschnitte. Geben Sie jedem Abschnitt eine Überschrift. (6)
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(2) Was bedeutet der schnelle Temperaturwechsel im Herbst für unser Immunsystem? (1,5)
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(3) Wie gelangen Antigene in den Körper? (1,5)
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(4) Was ist die Funktion des Immunsystems? (3)
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(5) Warum greift die Immunabwehr nicht die gesunden körpereigenen Zellen an? (4)
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(6) Worin unterscheidet sich die Aufgabe der T-Lymphozyten von der der B-Lymphozyten? (4)
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(7) a) Was ist der Vorteil der erlernten Abwehr gegenüber der angeborenen Abwehr?
b) Nennen Sie hierzu einen Anwendungsbereich und erklären Sie das Prinzip dieser Anwendung. (7)
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VERSTEHEN UND BEARBEITEN WISSENSCHAFTSSPRACHLICHER
STRUKTUREN
A U F G A B E N Zeit: 40 Minuten
(1) formen Sie das erweiterte Attribut in einen Relativsatz um.
Beispiel: Die zur Verfügung stehende Zeit ist knapp,
--- Die Zeit, die zur Verfügung steht, istt knapp.
(a) Das Immunsystem verfügt über zwei Abwehrsysteme, die über Haut, Lunge, Magen oder Darm in den Körper eindringende Fremdkörper erkennen.
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____________________________________________________________ (2)
(b) T-Lymphozyten werden in der sich hinter dem Brustbein befindenden Thymusdrüse auf ihre Aufgaben vorbereitet
____________________________________________________________(2)
(2) Setzen Sie den Passivsatz in den Aktiv.
Beispiel: Am Ende des Vortrags wurden die wichtigsten Gedanken von dem Redner zusammengefaßt.
--- Am Ende des Vortrags faßte der Reedner die wichtigsten Gedanken zusammen.
(a) Durch das Immunsystem ist garantiert, daß die T-Zellen nur Antigene angreifen.
____________________________________________________________(2)
(b) Dadurch, daß den Patienten inaktive Erreger gespritzt werden, bildet das Immunsystem entsprechende Antikörper.
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____________________________________________________________(2)
(3) formen Sie die unterstrichene Nominalkonstruktion in eine Verbalkonstruktion um.
Beispiel: Vor dem Essen gehen wir häufig spazieren.
---Bevor wir essen, gehen wir häufig sspazieren.
(a) Im Herbst steigt die Erkältungsgefahr durch den oftmals schnellen Temperaturwechsel.
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_________________________________________________________(2)
(b) Nach erfolgreicher Bekämpfung der Erreger wird ein Teil der T- und B-Lymphozyten zu Gedächtniszellen ausgebildet.
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_________________________________________________________(2)
(4) Ersetzen Sie den unterstrichenen Ausdruck durch einen Ausdruck mit Modalverb.
Beispiel: Es ist nicht erlaubt, in der Prüfung ein Wörterbuch zu benutzen.
--- Man darf in der Prüfung kein Wörtterbuch benutzen.
(a) Es ist notwendig, daß wir unserer körpereigenen Abwehr dabei helfen, den Organismus zu unterstützen.
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____________________________________________________________(2)
(b) Ein Teil der T- und B-Lymphozyten ist in der Lage, Erreger schneller zu bekämpfen.
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____________________________________________________________(2)
(5) Setzen Sie den folgenden Text in die indirekte Rede. Beispiel: Der Redner sagte: "Deutschland ist immer noch eines der wichtigsten Industrieländer."
--- Der Redner sagte, daß Deutschland immer noch eines der wichtigsten Industrieländer sei.
Die Wissenschaftler sagten: "Dadurch, daß den Patienten inaktive Erreger gespritzt werden, wird das Immunsystem dazu veranlaßt, entsprechende Antikörper zu bilden. Das ist auch ein Grund, warum wir viele Kinderkrankheiten nur einmal bekommen. Dieser Schutzmechanismus funktioniert aber bei einigen Krankheiten, wie z.B. Erkältungen, nicht so perfekt. Das liegt daran, daß sich die Erreger ständig verändern und die Gedächtniszellen sich nicht so schnell auf die Veränderungen einstellen können." (4)
Die Wissenschaftler sagten,
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____________________________________________________________(4) |